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      Christoph Gottsleben
      
      1777-1860
Ökonomieverwalter
Moritzberger Amtsvogt und Ortsvorsteher
      
      
      »Das Vermögen der Gemeinde 
      möglichst zu vergrößern«
      
      Leben 
      und Wirken des Moritzberger Amtsvogtes
      und Ortsvorstehers Christoph Gottsleben (1777-1860)
      
      Von Jutta Finke
            
            
            
            Garten von
            Christoph Gottsleben 

      
      
      
      
      Von 
      1815 bis 1852 wirkte als Amtsvogt des Amtes Marienburg
      Christoph Gottsleben, der von 1816 bis 1830 gleichzeitig auch 
      Ortsvorsteher von Moritzberg war. Seine zahlreichen, zumeist vom Amt 
      angeforderten Berichte beeinflussten die Entscheidungen der vorgesetzten 
      Behörden nicht unerheblich und geben Einblicke in die Verhältnisse des 
      Bergfleckens in dieser Zeit.
       
      
      
      Herkunft und Familie
      
       
      
      
      Franz Joseph Christoph Gottsleben 
      wurde am 25. September 1777 im Dom zu Hildesheim getauft. Seine Eltern 
      waren der Kanzleiinspektor Christoph Gottsleben und dessen Ehefrau
      Marie Magdalene, geb. Hörling. Ihre Ehe wurde am 3. Mai 1774 
      geschlossen, außer dem Sohn Christoph gingen aus ihr noch weitere fünf 
      Söhne hervor: Johannes Anton (geb. 1775), Franz Wilhelm (geb. 1779), 
      Friedrich Anton (geb. 1781), Franz Joseph (geb. 1783) und Hermann Anton 
      (geb. 1787). Der Vater starb am 11. September 1797 in Hildesheim. Der 
      Bruder Hermann Anton diente als Hausvogt zunächst im Amt Wohldenberg, 
      später im Amt Ruthe, er starb 1849 in Sarstedt.
       
      
      
          
      
      Christoph Gottsleben trat 1796 in den »öffentlichen 
      Dienst«. Am 16. März 1803 heiratete er Maria Louise Therese Machtzum, 
      eine Tochter von Johann Heinrich Machtzum 
      und dessen Ehefrau Marie Anna Katharine Philippina, geb. Raesfeldt. Die 
      Heiratseintragung bezeichnet Gottsleben als Kanzlist der Regierung 
      in Hildesheim, doch dürfte er schon bald darauf die Verwaltung des dem 
      Domkapitel gehörigen Guts in Harsum übernommen haben. Er unterstand dabei 
      der Aufsicht des Amtsvogts Bernhard Dannhausen in Marienburg, dem das 
      Domkapitel die Oberverwaltung über das Gut 1798 übertragen hatte. Erst als 
      Dannhausen diese im Sommer 1810 aus gesundheitlichen Gründen abgab, 
      verwaltete Gottsleben das Gut selbständig. Die Verwaltung verblieb 
      ihm auch, als das Domkapitel am 15. Dezember 1810 von der Westfälischen 
      Regierung aufgelöst und das Gut verstaatlicht wurde, bis zu dessen Verkauf 
      am 25. Februar 1812. Am 12. Juli 1812 wurde Gottsleben als 
      Kreis-Kassen-Gehilfe nach Celle versetzt.
       
      
          
      Aus seiner 
      Ehe gingen insgesamt acht Kinder hervor, von denen drei klein verstarben. 
      Die älteste Tochter Katharine Marie Magdalene wurde 1803 in Hildesheim 
      geboren, die weiteren Kinder in Harsum.
      Gottslebens Ehefrau Maria Louise Therese verstarb am 1. Februar 
      1828 in Moritzberg.
       
      
      
      Amtsvogt und Ortsvorsteher
       
      
      
      Im
      Königreich 
      Westfalen (1807-1813) war die alte Ämterverfassung nach französischem 
      Vorbild durch eine Kantonsverfassung ersetzt worden. Nach dem Ende der 
      französischen Fremdherrschaft und der Übernahme des ehemaligen Fürstbistums Hildesheim durch Hannover (1813) wurde zum 1. Mai 
      1815 die alte Ämterverfassung wieder eingeführt. Das Amt Marienburg, das 
      vorher nur aus zehn Dörfern bestanden hatte, erfuhr dabei eine nicht 
      unwesentliche Erweiterung, u.a. durch das Flecken Moritzberg. Das Amt 
      Marienburg wurde in eine Hausvogtei mit Sitz in Marienburg und in eine 
      Amtsvogtei mit Sitz in Moritzberg aufgeteilt. Zur Amtsvogtei gehörten 
      außer Moritzberg die Dörfer Ochtersum, Barienrode, Diekholzen, Söhre und 
      Egenstedt, außerdem die Gutsbezirke Trillke und Röderhof.
       
      
          
      Zum Amtsvogt des Amtes Marienburg wurde zunächst Ignatz Pellens 
      ernannt, der schon dem ebenfalls 1810 aufgehobenen Moritzstift ab 1779 als 
      Gerichtsvogt gedient hatte. Der von den Vögten des Amtes abzuleistende 
      Diensteid beschreibt ausführlich deren Aufgabenbereich. Pellens trat 
      bereits im November 1815 in den Ruhestand. Christoph Gottsleben 
      wurde zum 5. Dezember 1815 zu seinem Nachfolger ernannt und nahm seinen 
      Wohnsitz auf einem ehemaligen Stiftshof in Moritzberg, möglicherweise 
      zunächst auf dem »Graenschen Hof«, 
      später auf dem »von Bührenschen Hof«. 
      Der letztgenannte Hof kam 1819 aus dem Nachlass der verstorbenen Frau 
      Elisabeth Waesch, geb. Thost, zum Verkauf. Da Christoph Gottsleben 
      mit 1840 Reichstalern das Höchstgebot abgegeben hatte, erhielt er – mit 
      Einwilligung der Königlichen Kammer – den Zuschlag. Für den Ankauf lieh er 
      sich von dem Hildesheimer Hofrat Dr. Werner die Summe von 1300 
      Reichstalern in Gold. Bisher konnte nicht ermittelt werden, bis wann ihm 
      das Anwesen gehört hat. 1830 war es im Besitz des Braumeisters und 
      Eigentümers des angrenzenden Moritzberger Brauhauses, Heinrich Wilhelm 
      Baumann. 1831 verkaufte Baumann den Hof für 2000 Reichstaler Gold an 
      Christoph Gottslebens Bruder Anton, allerdings wohnte Christoph mit 
      seiner Familie nach wie vor dort.
       
      
        
        
          
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            Die ersten 
            Hildesheimer Turnübungen fanden 
            am Fuß des Moritzberges statt, 
            vermutlich im Garten von 
            Christoph Gottsleben (um 1828) 
            
      (Lithographie: Stadtarchiv 
            Hildesheim, 
            Bestand 967 Nr. 183)
             
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            Heutiger Zustand der 
            Bennostraße 5, 
            ab 1819 Wohnsitz der Familie 
              von Christoph Gottsleben 
            
      (Foto: Jutta Finke, 2012)
            
             
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      Zur Zeit der Ernennung Christoph Gottslebens zum Amtsvogt 
      bekleidete ein ehemaliger Kanoniker beim Moritzstift, Carl Voss, die 
      Stelle des Moritzberger Ortsvorstehers. Anfang 1816 legte Voss das Amt 
      nieder. Über eine Gemeinde-Verfassung verfügte der Ort nicht und da sich 
      kein anderer Einwohner fand, der bereit oder in der Lage gewesen wäre, 
      Voss’ Nachfolger zu werden, trug das Amt Marienburg Gottsleben die 
      Stelle an. Weil dieses auch der Wunsch der »ganzen« Gemeinde Moritzberg 
      war, erklärte sich Gottsleben zwar zur Übernahme bereit, erbat sich 
      aber zwei, mit den Ortsverhältnissen vertraute »geschworene Männer« zur 
      Unterstützung. Die Königliche Regierungs-Kommission genehmigte die 
      Ernennung Gottslebens, dem dafür die Benutzung des 
      Bürgermeistergartens (»Knickgarten«), fünf Reichstaler Schreibgebühr und 
      die Befreiung von den Lokallasten zugestanden wurden. Diese Entlohnung 
      entsprach derjenigen des Moritzberger Bürgermeisters zu Stiftzeiten, dem 
      jedoch nur wenige, kaum nennenswerte Aufgaben oblegen hatten und die in 
      keinem Verhältnis zu den vielfältigen Dienstgeschäften des Ortsvorstehers 
      im 19. Jahrhundert standen.
       
      
          
      Ab 1821 versuchte Gottsleben wiederholt, eine Verbesserung 
      seiner Entlohnung als Ortsvorsteher zu erreichen. Diese hätte von der 
      Gemeinde aufgebracht werden müssen. Da deren vorwiegend arme Mitglieder 
      dazu aber nicht in der Lage waren, bemühte sich Gottsleben, sie aus einer 
      anderen öffentlichen Kasse, nämlich von der Klosterkammer als 
      Rechtsnachfolgerin des Moritzstiftes, zu erhalten. Er glaubte, dass diese 
      schon deswegen herangezogen werden könnte, da seine polizeilichen Aufgaben 
      früher von den Gerichtsbediensteten des Stifts wahrgenommen und diese auch 
      vom Stift entlohnt wurden. Zwar wurde die Berechtigung seiner Forderungen 
      – so vom Amt Marienburg – anerkannt und von diesem auch unterstützt, seine 
      Anträge jedoch sowohl von der Klosterkammer als auch anderer höherer 
      Stellen als nicht zuständig abgelehnt.
       
      
      
          Gottslebens Bezüge als Amtsvogt waren eher mäßig und 
      werden 1823 mit insgesamt 346 Reichstaler jährlich angegeben, 
      einschließlich der Naturalbezüge, Sporteln 
      usw. Die 1824 erfolgte zusätzliche Übertragung der Hausvogtei des 
      vormaligen Amtes Marienburg 
      mit den Dörfern bzw. Gutsbezirken Marienburg, Itzum, Walshausen, Lechstedt, 
      Heinde, Listringen, Hockeln, Detfurth, Wesseln, Groß und Klein Düngen, 
      nahm Gottsleben zum Anlass, um wegen angeblicher Arbeitsüberlastung 
      als Ortsvorsteher zurückzutreten. Da das Amt Steuerwald-Marienburg ihn 
      aber in dieser Position behalten wollte, weil man befürchtete, dass sich 
      kein geeigneter Nachfolger finden würde, drängte es seinerseits die 
      Königliche Landdrostei, sich für die Gottsleben bis dahin 
      verweigerte Gehaltserhöhung einzusetzen. Erst daraufhin bewilligte das 
      Königliche Kabinetts-Ministerium in Hannover ihm 30 Reichstaler jährlich 
      aus der Klosteramtskasse und Gottsleben blieb dem Bergflecken noch 
      für einige Jahre als Ortsvorsteher erhalten. Als jedoch 1828 von den 
      Ortsvorstehern oder den Gemeinde-Rechnungsführern die Stellung einer 
      Kaution verlangt wurde, war er nicht in der Lage oder willens, diese 
      aufzubringen und zog es daher – und außerdem wiederum mit der Begründung 
      der Arbeitsüberlastung als Amtsvogt – vor, den Dienst abzugeben. Gegen die 
      von ihm vorgeschlagene Ernennung des Schneidermeisters Hollemann zu seinem 
      Nachfolger protestierten die Moritzberger allerdings und verlangten, ihren 
      Ortsvorsteher und sechs Nebenvorsteher selbst zu wählen. Gottsleben 
      stand einer solchen Wahl skeptisch gegenüber und lehnte eine Beteiligung 
      an den darüber geführten Verhandlungen ab. Die Gemeinde setzte sich mit 
      ihrer Forderung schließlich durch, auch wenn die am 7. Juni 1830 unter der 
      Leitung des Hausvogts Hoevel 
      durchgeführte Wahl von der Landdrostei beanstandet und am 28. August 1830 
      wiederholt werden musste, diesmal unter Gottslebens Leitung.
       
      
      
          Es war Gottslebens Bestreben als Ortsvorsteher, das 
      Vermögen der Gemeinde, das bis dahin lediglich aus dem »Knickgarten« und 
      den als Dienstwohnungen genutzten Pfarrhaus und Hirtenhäusern bestand, 
      möglichst zu vergrößern, um dieser dadurch einige Einnahmen zu verschaffen 
      und somit den Moritzberger Einwohnern die Aufbringung der Gemeindelasten 
      zu erleichtern. Unter ihm wurde der Gemeinde 1824/25 einige Grundstücke am 
      Krehla zur Urbarmachung überlassen und von ihr an Gemeindemitglieder 
      verpachtet. Als Gottsleben das Amt zwei Jahre nach dem Tod seiner 
      Frau 1830 abgab, erzielte die Gemeinde aus ihrem Vermögen 70 Reichstaler 
      jährlich. Gottsleben organisierte auch die Moritzberger 
      Armen-Fürsorge durch Einführung wöchentlicher Sammlungen und erwirkte 
      außerdem einen Zuschuss aus dem Klosterfonds von 200 Reichstalern jährlich 
      zu diesem Zweck.
       
      
      
      
      Gottslebens 
      weitere Dienst- und Lebensjahre
       
      
      
      Gottslebens 
      Rücktritt als Ortsvorsteher änderte nichts an seiner Stellung als Amtsvogt. 
      Wegen seines fortgeschrittenen Alters und der vielleicht innerhalb kurzer 
      Zeit möglichen Pensionierung genehmigte die Landdrostei 1844 die 
      Bestellung seines Sohnes Joseph zu seinem Adjunkten (Gehilfen), allerdings 
      musste Gottsleben seinen Sohn von seiner Diensteinnahme 
      unterhalten. Auf eigenen Wunsch wurde Gottsleben vom Königlichen 
      Innenministerium zum 1. Oktober 1852 in den Ruhestand versetzt. Nach 
      seiner Pensionierung zog er nach Hildesheim, wo er sich bei seinem Sohn 
      Wilhelm Anton zunächst in der Kurzen, dann in der Langen Burgstraße 
      aufhielt. Der von ihm bewohnte Hof in Moritzberg, der nachweislich noch 
      1848 seinem Bruder Anton, damals in Mainz ansässig, gehörte, dürfte erst 
      nach seinem Fortzug von diesem an den neuen Eigentümer, Carl Ernst von 
      Drechsel, verkauft worden sein.
       
      
          
      Für die 
      Ausbildung und Zukunft seiner Söhne hatte Gottsleben 
      Sorge getragen und dafür nicht unerhebliche Summen aufgewandt. 
      Wilhelm 
      Anton (1812-1867) studierte in Göttingen Jura und war später 
      Obergerichtsanwalt in Hildesheim. Er trat als Turner 
      und Mitbegründer des MTV von 1848, aber auch als unermüdlicher Politiker 
      und führendes Mitglied der Hildesheimer Deutschkatholiken 
      – denen auch sein Vater und weitere Familienmitglieder zuneigten – hervor. 
      Joseph erlernte auf der »Ökonomie Heinde« die Landwirtschaft und war 
      später als »Aktuar« (mittlerer Gerichtsbeamter) tätig.  
      Anton Hermann 
      wanderte 1846 nach Amerika 
      aus und erhielt für die Überfahrt, den Ankauf und die Einrichtung einer 
      Farm von seinem Vater über 1000 Reichstaler. Die beiden Töchter Magdalene 
      und Wilhelmine blieben unverheiratet und weilten Zeit ihres Lebens bei 
      ihrem Vater und später bei ihren Brüdern Anton, der ebenfalls 
      unverheiratet war, und Joseph. Christoph Gottsleben starb am 22. 
      Oktober 1860 in Hildesheim.
      
      
      Quellen