Matthias Martinius, reformierter Theologe und Philologe (geb. 1572 in
Freienhagen, Kr. Waldeck, gest. 30. Dezember 1630
in Kirchtimke bei Bremen), lutherisch, dann Kalvinist.
Vater: Jonas
Martini (ca. 1595/96), Richter in Freienhagen, Sohn des Arnt Merten und der
Anna Lüdecke; Mutter: Margarete Blaesing.
Verheiratet: N.N.; hatte
mindestens einen Sohn.
Unter den Professoren Lazarus Schoner,
Hermann Gerenberg und Hermann Crantz besuchte Martinius seit 1583 das
Korbacher Gymnasium Illustre, bevor er wahrscheinlich 1586/87 an das
Pädagogium nach Herborn überwechselte und 1589 an der dortigen Hohen Schule
sein Theologiestudium begann. Hier nahm er auch den reformierten Glauben an.
Seine wichtigsten Lehrer waren in der Philosophie Johann Pincier und
Hieronymus Treutler, unter denen er 1591 disputierte, in der Theologie
Johannes Piscator,
Wilhelm Zepper und
Bernhard Textor. Zu Textor, bei dem er
1592 disputierte, blieben die persönlich engen Beziehungen auch später
erhalten. Während des Studiums wurde er 1592 Präzeptor zweier
wittgensteinischer Grafensöhne, 1596 rückte er in den Lehrkörper der Hohen
Schule auf. Als ein Jahr später die Pest in Siegen einfiel, wohin die
nassauische Hohe Schule 1594 verlegt worden war, unternahm Martinius mit den
wittgensteinischen Grafensöhnen eine längere Reise in die Niederlande und
nach Norddeutschland, wobei er unter anderem die Universität Leiden und den
Haager Hof des Prinzen Moritz von Oranien besuchte. Nach seiner Rückkehr
wurde er 1598 in Siegen zum Pädagogearchen und Adjunkten des Stadtpfarrers
ernannt. Bereits seit 1597 entfaltete Martinius eine
umfangreiche Publikationstätigkeit, wobei neben kontroverstheologischen
Schriften das schulisch-pädagogische Moment mit einem ganzheitlichen
Bildungsziel in den Vordergrund rückte. Er war hier ganz Vertreter der
ramistischen Wissenschaftstheorie. Vorlesungen hielt Martinius in Exegese,
Hebraistik, Metaphysik, Ethik und Logik, daneben entfaltete sich unter ihm
eine umfangreiche Disputationstätigkeit. Zu seinen wichtigsten Schülern ist
der spätere Herborner Professor Johann Heinrich Alsted zu zählen, der sein
ramistisch-enzyklopädisches Wissenschaftsprogramm von Martinius übernommen
hat. Martinius war maßgeblich beteiligt an der deutschen Bibelübersetzung
von Johann Piscator. 1607 Pfarrstelle in Emden, 1610 Rektor des Bremer
Gymnasium Illustre, das er nach dem Herborner Vorbild ausbaute. Verfasser
philologischer Werke, darunter der vielfach wiederaufgelegten »Graecae
linguae fundamenta«
und des »Lexicon
philologicum«.
Dank seiner guten Verbindungen zu der böhmischen Brüderkirche sowie über
seinen Schüler Johann Heinrich Alsted trug er entscheidend zur geistigen
Formung des Johann Amos Comenius, des Begründers der Pädagogik, bei. Seine
philologischen Werke genossen an den niederländischen Universitäten bis in
das frühe 18. Jahrhundert hohe Anerkennung und behielten - etwa für das
Finnougrische - ihren Wert bis ins 20. Jahrhundert.
Matthias Martinius
Literatur
Menk, Gerhard: Matthias Martinius.
In: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 305-307
Renkhoff, Otto: Matthias Martinius. In:
Nassauische Biographie.
Wiesbaden, 1992, S. 495.