Johann Amos Comenius (1592-1670)
Johann Amos Comenius (eigentlich Jan Amos Komenský), Theologe und Pädagoge
(geb. 28. März 1592 in Nivnice/Mähren, gest. 15. November 1670 in
Amsterdam).
Vater: Martin Komenský, ein Müller, der zur Gemeinde der
Böhmischen Brüder gehörte (gest. 1602); Mutter: Anna ... (gest. 1603).
Verheiratet: 1) 1618 mit Magdalena Vitovska (gest. 1622), 2)
1624 mit Dorothea Cyrillova (gest. 1648), 3) 1649 mit Johanna Gajusova.
Johann Amos Comenius’ Eltern, Martin und Anna Komenský, starben, als er noch
Kind war. Von 1608 bis 1611 besuchte Comenius die Lateinschule in Prerov und
wurde dann zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung an die kalvinistische
Hohe Schule nach Herborn geschickt. Dort erhielt er die zeitlebens wirksam
gebliebenen Grundlagen seines theologischen, philosophischen und
pädagogisch-didaktischen Denkens und Arbeitens nicht nur durch seine Lehrer,
vor allem die Philosophen und Theologen Johannes Piscator (1546-1625),
Johann Heinrich Alsted (1588-1638) und
Heinrich Gutberleth (1572-1635),
sondern auch durch die Organisation des Herborner »Wissenschaftsbetriebes«.
Alsted, der den nachhaltigsten Einfluss auf Comenius ausübte, war Vertreter
eines Enzyklopädismus, der den Komplex der Ganzheit nicht außer Acht ließ.
Für die Herborner Wissenschaftler galt der später in den Werken des Comenius
immer wieder ausgearbeitet Grundsatz, dass jede Theorie für den praktischen
Gebrauch nutzbar und darum didaktisch angelegt zu sein habe.
Comenius
wird sich in dieser Zeit erstmals mit dem
schulreformerischen Wirken Wolfgang Rathkes (1571-1635) beschäftigt haben. Nach einer Reise in
die Niederlande immatrikulierte sich Comenius 1613 an der Universität
Heidelberg. Entweder dort oder schon in Herborn hat er frühe Schriften
Johann Valentin Andreaes (1586-1654) kennen gelernt. 1614 kehrte er nach
Prerov zurück und wurde dort bald Rektor der Schule. 1618 übernahm er mit
seiner Ordinierung zum Pfarrer in Fulnek die Leitung der Schule. Als nach
der Schlacht am Weißen Berge (1620) in Böhmen und Mähren die
Gegenreformation einsetzte und Fulnek 1621 geplündert wurde, musste Comenius
sich verbergen. Durch eine Seuche verlor er seine Frau und seine beiden
Söhne. In dieser Zeit entstanden die beiden für sein pädagogisches Denken
wichtigen Trostschriften »Das Labyrinth der Welt und das Paradies des
Herzens« und das »Centrum securitatis«.
Durch kaiserliches Edikt wurden 1627
alle Nichtkatholiken in Böhmen und Mähren des Landes verwiesen. Comenius
emigrierte mit seiner Gemeinde 1628 nach Lissa in Polen. Seinen
Lebensunterhalt verdiente er sich dort als Lehrergehilfe an der
Lateinschule, deren Rektor er 1635 wurde. In den Jahren bis 1632 schrieb er
in Lissa die »Didaktika«, das »Informatorium der Mutterschul« sowie die »Janua
linguarum reserata«, die 1631 seinen Ruhm als Schulreformer begründete,
sowie etliche philosophische, grammatische und religiöse Schriften, die zum
großen Teil die Rückkehr in die Heimat vorbereiten sollten. 1632 wurde
Comenius zu einem der Senioren der Unität gewählt. Trotz der vielen mit
diesem Amt verbundenen Pflichten blieb er weiterhin
wissenschaftlich-schriftstellerisch tätig. So bearbeitete er seine Didaktika
und übersetzte sie als »Didactica magna« ins Lateinische. 1639 erschien
seine »Pansophiae Prodromus« in England, die ab 1644 auch in den
Niederlanden und in Frankreich verbreitet wurde. Vermittelt durch seinen
Freund Samuel Hartlib (um 1600-1662), erhielt er eine Einladung nach London,
um an einer Kirchen-, Schul- und Gesellschaftsreformation mitzuwirken. Er
traf dort 1641 ein. Obgleich der Reformationsversuch am Beginn des
Bürgerkrieges in England scheiterte, hatte Comenius bei den intensiv
geführten theoretischen Vorarbeiten eine konkrete gesellschaftspolitische
Basis, die ihn lehrte, wie pansophisch zu forschen, zu lehren und zu handeln
ist. Als Frucht dieser Vorarbeiten entstand die »Via lucis«.
Nach einem
neunmonatigen Aufenthalt verließ Comenius 1642 England und reiste über die
Niederlande, wo er mit René Descartes (1596-1650) zusammentraf, nach
Schweden. Dem schwedischen Kanzler Axel Oxenstierna (1583-1654) gelang es,
ihn für eine geplante schwedische Schulreform als Verfasser von neuen
Schulbüchern in Dienst zu nehmen. In Elbing ging Comenius dieser Arbeit bis
1647 widerwillig nach. 1645 nahm er an dem ökumenischen Kolloquium in Thron
teil. Außer an dem Schulbuchwerk, das die Schweden später als für ihre
Zwecke unbrauchbar ablehnten und nicht drucken ließen, arbeitete er in
Elbing an der »Methodus linguarum novissima«, insbesondere an einer »Janua
rerum reserata« und, soweit es nebenher möglich war, an dem Text für ein
umfangreiches pansophisches Werk.
Als durch die Beschlüsse des Westfälischen
Friedensvertrages vorerst jede Hoffnung auf eine Rückkehr nach Böhmen und
Mähren zerstört war, kehrte Comenius 1648 nach Lissa zurück, wo kurz darauf
seine zweite Frau starb. Das Fürstenhaus Rakoczi bot ihm mit dem Auftrag,
die Schule von Sarospatak zu reformieren, in Ungarn ein neues praktisches
Betätigungsfeld. Comenius sah in dem Aufenthalt dort auch eine neue
politische Möglichkeit, die Rückkehr der Unität in die Heimat zu betreiben.
Die von 1650 bis 1654 versuchte Realisierung einer pansophischen Schule
scheiterte zwar ebenso wie die politische Absicht, doch entstanden in dieser
Zeit viele didaktische Schriften, von denen die wichtigsten die »Eruditiones
Scholasticae«, die »Schola ludus« als dramatisierte »Janua linguarum« und
der »Orbis sensualium pictus«, ein bebildertes deutsch-lateinisches
Schulbuch, sind. Enttäuscht nach Lissa zurückgekehrt, fasste er seine
Prophezeiungen unter dem Titel »Lux in Tenebris« zusammen und ließ sie
später in Amsterdam drucken. 1657/58 veröffentlichte Comenius seine »Opera
didactica omnia« (Sämtliche didaktische Schriften) in vier Bänden. Darin ist
auch die »Didactica magna« (Große Didaktik) enthalten, die in Deutschland
zuletzt 1992 bei Klett-Cotta neu aufgelegt wurde. Am 15. November 1670
stirbt Comenius in Amsterdam und wird am 22. November in Naarden bestattet.
In der Erwartung des Friedensreiches Gottes suchte Comenius durch
Wiederherstellung der Brüdergemeinde, besonders aber durch die Reform des
Bildungswesens, das menschliche Dasein zu bessern. Alle müssten in allem
unterrichtet werden. Diesem Ziele dienten sowohl seine Schriften, die das
gesamte Wissen der Zeit enzyklopädisch und anschaulich vermitteln sollten,
als auch seine Bestrebungen, die gelehrten Gesellschaften zusammenzufassen
und das Unterrichtswesen neu zu gestalten. Die Schule sollte zur Entwicklung
der besten Anlagen und zur rechten Gottesverehrung führen und so eine
»Werkstätte der Menschlichkeit« sein.
Johann Amos Comenius
Johann Amos Comenius Orbis sensualis pictus (1658)
Lebenswege
Literatur