Hexenglaube und die Hexenprozesse in der Nassau
In den Kriegszeiten, in denen Mord und Brand, Hunger und Pest die Menschen
zerrütteten, lebten der Hexenglaube und die Hexenprozesse verstärkt wieder auf. Bei
dem furchtbaren Druck, unter dem die Menschen tagaus tagein dahinlebten, gab
es kaum jemanden, der an dem Vorhandensein der mit dem Teufel im Bunde
stehenden Hexen und Zauberer zweifelte.
In Dillenburg fallen die meisten
Hexenprozesse in die Jahre 1629 bis 1632, in denen 39 Personen, 5 Männer und
34 Frauen, hingerichtet wurden. Selbst angesehene Bürgerinnen, wie Anna Baum
(Arbor), Tochter des Druckers und Verlegers der Hohen Schule
Christoph Corvin aus Herborn, Ehefrau des Präzeptors und Pädagogearchen
Christian
Baum, wurde 1629 als »Hexe« dem Scharfrichter zugeführt. In jeder Ortschaft
bestand ein »Ausschuss« von mehreren Männern, der jeder anonymen Anzeige
nachspürte und jeden Verdacht den »von Amts wegen« bestellten
Hexenkommissaren meldete. Für die Dillenburger Lande übernahm der angesehene
Jurist Johannes Daum (1579-1658) die
Aufgaben des Hexenkommissars.
Die Hexerei galt als Sonderverbrechen, das das Gemeinwesen stark
gefährdete und schädigte. Es gab den Beschuldigten nur noch eine minimale
Chance, sich der Bestrafung zu entziehen. Im Hexenprozess wurde die Folter
zum Mittel, ein Geständnis zu erzwingen. Der Richter konnte sogar am
folgenden Tag die Folter verschärft durchführen, um das Geständnis beim
zweiten Anlauf zu erzielen. Das Geständnis hatte die von allen Beweismitteln
stärkste Beweiskraft. Gestanden die Beschuldigten ohne Folterung ihre
»Schuld«, so wurden sie »aus Gnaden« mit dem Schwerte gerichtet, musste von
ihnen aber unter Qualen oft mehrfacher Tortur das Geständnis erpresst
werden, so wurden sie dem Feuer überantwortet.
Als jedoch auch vornehme und
hochgestellte Personen - sie hatten bisher dem Hexenbrennen und
Kopfabschlagen gefühllos zugesehen - in Gefahr kamen, in solche Prozesse
verwickelt zu werden, wurden die Hexenverfolgungen in Frage gestellt. Hatte
man schon einmal bei einer vermeintlichen Hexe den mit dem Wappen eines
hochgestellten Herrn vom Hofe geschmückten silbernen Becher gefunden, in dem
beim Gelage der Wein kredenzt worden sein sollte, so wurde 1632 der erste
Beamte des Grafen Ludwig Heinrich, Vetter
von Johann Bernhard
Gottsleben,
der Geheime Rat und Kanzleidirektor Philipp Heinrich Hoen, von einer wegen
Hexerei in Untersuchung gezogener Frau beschuldigt, »als Hexenmeister dem
Tanze beigewohnt und sich dabei auch sonst übel aufgeführt zu haben«. Da
wurde man vorsichtiger. Die Zahl der Hinrichtungen ging wesentlich zurück.
Man hatte inzwischen eingesehen, »daß wohl manchen frommen Leuten beim
Hexenbrennen möchte Unrecht geschehen sein«.
Hexenverbrennung
Literatur
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Becker, Emil: Schloß und
Stadt Dillenburg. Dillenburg, 1950, S. 126 f. |
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Gail, Günter H.:
Krieg, Pest, Hexenwahn in den nassauischen Grafschaften. Im Anhang: Geheimer
Hexen-Sonderauftrag der SS.
Überarbeitete und erweiterte Neuauflage. Wetzlar: Wetzlardruck, 2006.
IV, 240 S. : Ill., Kt. |
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Heinemann, Evelyn: Hexen und
Hexenangst. Eine psychoanalytische Studie über den Hexenwahn der frühen
Neuzeit. 2., überarb. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998. (=
Sammlung Vandenhoeck). |
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Stand:
Februar 2014
Klaus Gottsleben
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